Sonntag, 11. Januar 2009

...und alles nochmal als Bild für Euch...

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RESULTIERENDE ZEITLICHE ABFOLGE III

Zu guter letzt, der wohl komplexeste Teil.

ZUNGE und GAUMEN

Jene Eindrücke können wir auch wieder unterteilen. Auftakt, Entwicklung und Nachhall.

Im Auftakt nehmen wir weich machende Teile wie dienende Süße, Alkohol und Glycerin, je nach Wein, unterschiedlich lange wahr. Kohlensäure (oder genauer: nicht CO2 sondern HCO3 - Hydrogencarbonat) lässt beim Zerfallen (in CO2 und H2O) den Eindruck von Spritzigkeit entstehen. Hierbei spielt unser Tastsinn auch eine sehr bedeutende Rolle.

Während der Entwicklungsphase lösen Säure und Gerbstoff den Weichkomplex ab. Jetzt entscheiden wir über die Ausgewogenheit, das Gleichgewicht, indem wir feststellen, ob Süße, Säure und Gerbstoffteil gut aufeinander abgestimmt sind. Insbesondere bei Süßweinen, Weißen und Rosés wird das ganze Geschmackserlebnis stark von der Süße-/Säure-Balance geprägt. Ständig wird zudem Aromatik freigesetzt (3. Nase). Die Wahrnehmung der Säure löst Speichelfluss und manchmal sogar ein gewisses Sabbern aus. Wie lange dauert es, bis der Gerbstoff trocknend wirkt (wirkt pelzig und /oder stumpf)? Welcher Teil überwiegt, ist für den Nachhall verantwortlich?


Die Süße-, Säure-, Gerbstoffwahrnehmung zeitlich verfolgen:

Prüfen, wie lange der weich machende Süßteil anhält (Restsüße, Alkohol, Glycerin).
Prüfen, wann die Säure angreift, wie lange sie Speichel zieht, wann sie verklingt.
Prüfen, wann der Gerbstoff angreift, wie stark und in welcher Phase er trocknet, wie lange er nachwirkt und wie er qualitativ beschaffen ist.
Prüfen, welche Empfindung den Nachhall dominiert.


Zur Wahrnehmung der Aromatik:

Die Aromatischen Eindrücke (1. + 2. Nase) den verschiedenen Geruchskategorien zuordnen (blumig, fruchtig, würzig, grasig, fleischig, etc.), aromatische Referenzen aus dem persönlichen Geruchsrepertoire abrufen.
Die Freisetzung der Aromen in Abhängigkeit von der Zeit registrieren.
Die aromatischen Eindrücke im Gaumen (Rückgeruch) vom Auftakt bis zum Nachhall registrieren und mit der Aromatik in 1. + 2. Nase vergleichen.
Die Aromatische Nachhaltigkeit prüfen.


Ein oft genannten Nachhall erkennen wir die aromatische Nachhaltigkeit. Es wird entschieden, ob der Wein säure- oder gerbstofflastig, süße- oder alkoholdominiert ist. Besonders aromareiche Weine schmecken oft erst nach dem Ausspucken oder Schlucken richtig nach. Zu hoher Alkoholgehalt wirkt aggressiv und lassen ihn brandig erscheinen. Auch überhöhter Zuckergehalt ohne entsprechende Säure hinterlässt ein Brennen im Nachhall.

Neben den Geschmacksempfindungen lösen Süße, Säure, Gerbstoffe und Alkohol auch den Tastsinn aus. Deswegen können wir z.B. auch von „schweren“ und „leichten“ Weinen sprechen.
Gerbstoff (häufig auch mit Tannin umschrieben) löst nur bedingt Geschmacksempfindungen aus. Nur grob strukturierte und qualitativ unzureichende Tannine führen zu einer wirklich bitteren Empfindung.
Tatsächlich gehen die Säuren der Tannine Bindungen mit den Eiweißen der Mundschleimhaut und des Speichels ein, was dessen Fluss stoppt und so trocknend, herb und damit gerbend wirkt.
Entscheidend ist hier also vor allem die taktile Wahrnehmung.
Die vorher gesehenen Eindrücke zur Viskosität werden erst durch den Sinneseindruck am Gaumen vervollständigt.

Optische Eigenschaften des Weines erklären sich wieder durch das Verhältnis von Aroma- und Struckturteil. Glycerin, Süße und Alkohol beeinflussen die Viskosität und ab ca. 12% Alkoholgehalt bilden sich an der Glaswand Schlieren (Tränen, Beine, Kirchenfenster). Niedrige pH-Werte (höherer Säuregehalt) lassen bei Rotweinen die Farbe tiefer und intensiver erscheinen. Durch die über den direkten Atemweg und retronasal aufgenommene Aromatik werden die gewonnenen Geschmackseindrücke überlagert und verstärkt. Die Aromatik wird in diesem Gedankenmodell quasi als 4D dargestellt.

Nun habe ich Sie lange genug gelangweilt, lassen Sie uns nun einem anderen Thema widmen, die Praxis.
ICH HAB DURST!

RESULTIERENDE ZEITLICHE ABFOLGE II

NASE

Unsere Wahrnehmung im „seziertem“ Sinn, gliedert sich in die so genannten „4 Nasen“ des Weines.

1.
Es werden aus dem UNGESCHWENKTEN Glas in einem oder mehreren Zügen die aus der Weinoberfläche austretenden Duftstoffe mit der Nase aufgesogen.

2.
Das Glas wird geschwenkt um die Oberfläche des Weines zu vergrößern. Dies verstärkt den Übertritt von Duftmolekülen in den Glashohlraum und der so zugefügte Luftsauerstoff führt zu einer Entwicklung der Aromenkomponenten. Wieder wird intensiv orthonasal der Eindruck aufgenommen.



und das ist das Muskat-Duftmolekül

3.
Jetzt wird es leider noch Medizinischer, kann ich dennoch nicht übergehen.
Eine sehr wichtige Rolle für den Gesamteindruck spielt der Gaumen. Er ist über den Nasen-Rachenraum mit der Riechschleimhaut im Bereich der oberen Nasenmuschel verbunden. In Glück für jeden Fakir. Die bei der Aufnahme des Weines über den Mund entstehende Erwärmung führt zu einer verstärkten Freisetzung von Duftstoffen. Diese werden durch abatmen mit der Riechschleimhaut in Berührung gebracht und dort aufgenommen. Im Gegensatz zur 1., 2. und 4. Nase haben wir hier eine RETRONASALE Wahrnehmung. Je nach Technik kann der Wein durch Einziehen von Luft verwirbelt und die Aromenfreisetzung so noch einmal verstärkt werden.
Puh, ich hoffe es ist noch verständlich – normalerweise bin ich ja nicht so wissenschaftlich, doch manchmal geht es nicht anders. Und weiter...


4.
Am kurz zuvor ausgeleerten Glas werden letzte Eindrücke „abgerochen“. Hierbei werden insbesondere stark anhaftende Gerüche erst jetzt markant wahrnehmbar. Das veränderte Verhältnis von Weinvolumen und Weinoberfläche lässt mitunter Ausblicke auf das Entwicklungspotential zu.

Auch ein Parfumeur , auch Nase genannt, kennt jene minuziösen Unterscheidungen. Jeder Duft ist aufgeteilt in Kopf- (1.), Basis- (2.+3.) und Herznote (4. Nase).

RESULTIERENDE ZEITLICHE ABFOLGE I

AUGE

Das erste was unsere Synapsen uns mitteilen ist die FARBE, mit ihren Nuancierungen. Schlussfolgernd auf z.B. Weinart, Altersentwicklung, Kelterungsart und Ausbauverfahren. Die optischen Eindrücke (VISUALITÄT) verraten CO2-Gehalt und –Einbindung sowie Konzentrationen von Alkohol, Restzucker und Glycerin. Demzufolge kann man schon hier gewisse Bewertungskriterien festlegen:
Farbton, Farbdichte, Klarheit, Viskosität, Freisetzen von Kohlensäure

Neben Farbe und Klarheit (bei den heutzutage angewendeten Kellertechniken sollte er schon klar sein – oder grob mangelhaft) sind der Fließgrad und die Beweglichkeit des Weines im Glas Gegenstand der Beobachtung. Das aufsteigen und die Ansammlung der „Blub“erbläßchen auf der Oberfläche des Getränkes (oh, ich liebe dem Genie-tiv) verraten die Spritzigkeit. Die Schlieren, auch Tränen oder Kirchenfenster genannt, an der Glassinnenwand lassen gewisse Rückschlüsse auf die Höhe des Allloholgehaltes schließen – durch den Glyceringehalt (später mehr).

Farbton:
Die Bandbreite reicht von Violettrot über Rubinrot bis Braun- und Gelbrot bei Rotweinen Weißweine haben ein Spektrum, das in der Regel verschiedene, manchmal auch mit andersfarbigen Reflexen, Gelbtöne umfasst. Den Farbton kann man nur bedingt aus Qualitätsaussage nützen. Dem Weintyp sollte er jedoch entsprechen. Rebsorte und Alter sollten schon mit ihr korrespondieren. Logisch – wenn mein sonst so tiefrubinfarbener Syrah auf einmal ausschaut wie ein Riesling mir Bernsteinreflexen, gibt mir das AUTOMATISCH zu denken.

Farbdichte:
Ist lediglich ein Maß der Intensität der Farbeindücke. Eigentlich auch kein Qualitätskriterium. Sie sollte aber mit der Fülle des Weines, dessen Struktur und Nachhaltigkeit im Gaumen übereinstimmen.

Klarheit:
Ein klarer Wein ist frei von Trubstoffen und lässt das Licht ungehindert durchtreten (*gg* was, irrwitzig, auch zu Trübungen führen kann – jedoch nur bei Weinen die in der Regel älter aus min.5-10 Jahre sind). Der Ausdruck GLANZ wir d für klare Weine oft genützt, was soviel aussagt wie, das wir Glitzern und Glamour „in“ uns haben, fast wie Elstern. Sehr farbdichte Rotweine können unter Umständen nicht transparent, aber trotzdem klar sein.


Ich hör’ jetzt auch endlich auf mit dem Gucken, sonst bekommt ihr einen Schwummer im Kopf und das Gehirn klappt um:

Einführung in meine "Geheimnisse" I

Nun nah’ ich mich wieder
erholte Gestalt
vorübergegangener Zeit bieder
zum Erhalt
nun wieder warm die Glieder
voll Gewalt

Euch zu schreiben, lehren, spaßen
mit meinen gfolgten Nasen
euch den Appetit zu bringen
auf Bacchus hohe Schwingen



Ständig ertappe ich mich dabei, wie viele andere auch, mich ins Fachlatein zu verhaspeln. Spreche, im Sinne von Getränken, von Visualität, Olfaktorik, 1.,2....Nase, Gustatorik usw.
Das alles ist natürlich so in mir manifestiert und eingemeißelt, das ich immer wieder dazu neige. Um Euch liebe Leserschaft, mein Wirrwarr, etwas näher zu bringen, habe ich ein paar dinge für Euch zusammengeschrieben.

Eine Degustation unterscheidet sich vom „Besäufnis“ in folgenden Punkten:

1. System (obgleich man sich auch systematisch besaufen kann)
2. Konsequenz (nun ja)
3. ?

Wie Ihr seht, sehr viele gibt es nicht, jedoch, eines ist klar,
DIE MENGEN SIND ANDERE
Weswegen man sich bei einer Degustation lediglich beschwipsen kann *gg*, was jedoch nicht gerade für einen klaren Geist sorgt (es sei denn man bestellt sich einen)

Nun gut. Ich möchte an dieser stelle noch die Kurve kriegen und Euch in das Thema: SYSTEM einführen. Ihr, Leser werdet wohl alle ein eigenes haben, welches sich allerdings, in den meisten Fällen, nicht von einem guten Grundgerüst, auf dem man mühelos aufbauen kann, unterscheidet. Die Weinkomponenten und unsere Physiologie geben gewissermaßen schon eine logische Degustationsabfolge vor. Manifestiert wird sie wie folgt:
Degustation ist ein Komplex mehrerer Phasen. Die Sinneseindrücke werden zeitlich gestaffelt. Unverrückbare Grundreihenfolge ist:
AUGE - NASE – GAUMEN

HAPPY NEW YEAR

Allen, meiner Leser wünsche ich einen guten Start in
2009